Geschäftsmodell Behindertenwerkstatt: warum alle profitieren - außer Menschen mit Behinderung

Mit @teresabuecker und @SakulTalks u.a. #wfbm #inklusion #Nixklusion

Behindertenwerkstätten haben den Auftrag, Menschen mit Behinderung auf den regulären Arbeitsmarkt zu vermitteln. Doch über 99 Prozent derjenigen, die in Werkstätten arbeiten, finden nie einen echten Job.

Dieses Video von #JETZTMALKONKRET zeigt, woran das liegt und warum viele vom System #Behindertenwerkstatt profitieren – außer die Menschen mit Behinderung.

Klar ist: Nicht alle Menschen mit Behinderung wollen einen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt. Die Werkstatt kann ein safe space sein, mit besserer Betreuung und weniger Leistungsdruck. Doch was es mit Menschen macht, wenn die Werkstatt zur Sackgasse wird, erzählt Lukas @SakulTalks.

“Ich kam direkt nach meiner Förderschule in die Werkstatt. Ich wollte von Anfang an eigentlich nie dorthin. Mir wurde versprochen, die können mich auf den ersten Arbeitsmarkt fördern, was die nicht wirklich gemacht haben.”

Am liebsten hätte Lukas von Anfang an etwas mit Medien gemacht, Videos drehen und schneiden zum Beispiel. Die Aufgabe der Werkstatt wäre es gewesen, Lukas dabei zu unterstützen, damit einen Arbeitsplatz zu finden.

“Aber es wurde von den Betreuern und Gruppenleitern sehr, sehr häufig abgelehnt und nicht mehr weiter verfolgt. Es wurde dann gesagt: Ja, wenn du dir ganz, ganz viel Mühe gibst und mehr Fähigkeiten aufbaust, dann können wir vielleicht mal gucken”, so Lukas.

Dabei haben Menschen wie Lukas eigentlich per Gesetz Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt, denn: niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Und genau deswegen müssen Firmen mit mehr als 20 Mitarbeiter:innen auch fünf Prozent aller Arbeitsplätze mit Schwerbehinderten besetzen, also mit Menschen, die zum Beispiel im Rollstuhl sitzen oder wie Lukas geistig beeinträchtigt sind. Tun sie das nicht, müssen sie Abgaben zahlen. Bis zu 360 Euro pro unbesetztem Arbeitsplatz pro Monat. Zwei Drittel aller Unternehmen in Berlin mussten das zuletzt zahlen.

Gründe fürs Nicht-Einstellen sind laut Expert:innen Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderung, aber auch Berührungsängste: Reichen die Rampen zum Beispiel für einen Rollstuhlfahrer? braucht es Assistent:innen? Was ist, wenn wir jemanden mit einer geistigen Beeinträchtigung überfordern?

Das System Werkstätte funktioniert auch für Unternehmen gut. Wenn sie Aufträge an Werkstätten für behinderte Menschen vergeben, können sie sich von der Ausgleichsausgabe “freikaufen”, die sie eigentlich zahlen müssen, wenn sie niemanden mit Schwerbehinderung einstellen.

Doch es gibt bereits Ideen, wie es klappt, dass mehr Menschen mit Behinderung am regulären Arbeitsmarkt teilhaben. Eine davon: in Berlin betreibt das Netzwerk Integration und Sozialforschung, kurz BIS e. V., ein Kennenlernsystem zwischen Unternehmen und Menschen mit Behinderung auf Jobsuche – mit einer Erfolgsquote von 70 Prozent. #Inklusion 

Timecodes:

00:00 - 01:00 Werkstätten als Inklusionsfalle?
01:00 - 02:24 Lukas: “Ich wollte weg”
02:24 - 03:48 Unternehmen stellen wenige Menschen mit Behinderung ein
03:48 - 05:40 Werkstätten: Zwischen safe space und Ausgrenzung
05:40 - 07:10 Bezahlung in Werkstätten
07:10 - 08:10 Unternehmen ohne Ausgleichszahlungen
08:10 - 09:30 Lösungsansatz: Übergangsquoten
09:30 - 10:24 Lösungsansatz: Petition für Mindestlohn
10:24 - 11:42 Lösungsansatz: Kennenlernsystem
11:42 - 12:20 Lösungsansatz: Inklusion von Anfang an
12:20 - 12:54 Zusammenfassung
12:54 - 13:21 Deine Meinung und Videoempfehlungen

Eine Auswahl unserer Quellen findest du hier:

Forschungsbericht 586 des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Studie zu einem transparenten, nachhaltigen und zukunftsfähigen Entgeltsystem für Menschen mit Behinderungen in Werkstätten für behinderte Menschen und deren Perspektiven auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Abrufbar unter: https://www.bmas.de/SharedDocs/Downlo...

Werkstättenverordnung, abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/schwbwv/

Statistisches Bundesamt (2022), Statistik der Schwerbehinderten https://www.destatis.de/DE/Themen/Ges...

Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, abrufbar unter: https://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/s...
Jahresbericht 2020 des LaGeSo Berlin https://www.berlin.de/lageso/service/...